Verurteilung für Antifaschisten nach NoWKR Protesten 2014
Wir dokumentieren den Bericht von prozess.report zur teilweisen Verurteilung eines Antifaschisten:
Am zweiten Prozesstag, am 20.8.2021, kam es zur Entscheidung vor Gericht: 7 Monate bedingt auf 3 Jahre Probezeit (= Bewährungsstrafe) für versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt und versuchter schwerer Körperverletzung eines Polizisten. Ein Freispruch erfolgte für den umstrittenen § 274 StGB „Schwere gemeinschaftliche Gewalt“ (früher: Landfriedensbruch), sowie für einen weiteren Vorwurf des Widerstandes. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig. Doch wie kam es dazu?
Am 24.01.2014 fand der „Wiener Akademikerball“ (früher WKR-Ball) statt. Während sich auf Einladung der FPÖ in der Hofburg auch Teile der extremen Rechten versammelten, wurde, wie seit 2008 üblich, auch diesmal gegen das internationale, rechte Vernetzungstreffen mobilisiert. Von dem Großaufgebot der Polizei, Repression in den Jahren zu vor und einer jedes Jahr größer werdenden Sperrzone in der Innenstadt ließen sich tausende Antifaschist*innen nicht abschrecken und nahmen an den Demonstrationen vom „noWKR“-Bündnis oder der „Offensive gegen Rechts“ teil. So auch der sieben Jahre später Angeklagte. Der Gewerkschafter und Antifaschist reiste dafür aus München an. Was vor Gericht für Kritik sorgte, ist jedoch üblich. So wie die extreme Rechte international vernetzt agiert, sind auch die Proteste dagegen für unterschiedliche linke Strömungen ein Anlass um gemeinsam dagegen zu protestieren.
Doch der Ausflug nach Wien endete für den hier Angeklagten im Krankenhaus, der Schlagstock eines Polizisten traf ihn so stark, dass er ohnmächtig wurde. Die Narbe in seinem Gesicht erinnert noch heute daran. Eigentlich wollte er nach der Demonstration wieder zurück zum Bus, es kam jedoch zu Tumulten zwischen der Polizei und Antifaschist*innen am Stephansplatz. Wie andere entschied er sich die Örtlichkeiten zu verlassen und lief aufgrund seiner schlechten Ortskenntnisse den Weg, den er eben noch mit dem Demonstrationszug begangen war, wieder zurück. Plötzlich kam ein Polizist aus einer Seitengasse und die beiden stießen zusammen. Kurz darauf habe er schon einen heftigen Schlag verspürt und erwachte dann am Boden liegend, während er von Polizist*innen umringt war, die berieten wie sie nun mit ihm umgehen sollten.
Die zwei vor Gericht geladenen Polizisten schilderten die Situation anders, er soll den in der Seitenstraße aufgetauchten Polizisten angegriffen haben und danach wild gestikuliert haben. Nachdem über sieben Jahre später keinerlei weitere Beteiligte auffindbar waren, gab es keine weiteren Zeug*innen, die Schilderungen der Polizei etwas entgegensetzen konnten.
Obwohl es Widersprüche in den Polizeiaussagen gab und ihre Erinnerungen vor allem auf den damals getätigten Aussagen lag (die sie in Vorbereitung gelesen haben) und es kein einziges Foto des Angeklagten im doch umfangreichen Bildmaterial des Demoabends gab, entschied das Schöffengericht teilweise für schuldig. Ein Teilerfolg bleibt jedoch der Freispruch für den Vorwurf des Landfriedensbruchs. Dieser Paragraph wurde zwar nach heftiger Kritik wegen der Anwendung gegen den Antifaschisten Josef S. reformiert, bietet aber nach wie vor die Gefahr Proteste zu kriminalisieren.